How to: Gabelöl- und Simmerringwechsel/ Standrohr Reparatur

Hier findet Ihr Anleitungen, wie Ihr diverse Arbeiten an eurem Bike am besten durchführt.
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Börni
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How to: Gabelöl- und Simmerringwechsel/ Standrohr Reparatur

Beitrag von Börni »

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Einleitung:

Hier soll einmal, auch für Ungeübte verständlich, aufgezeigt werden, wie man das Gabelöl, und bei Bedarf auch die Dichtringe, wechselt. Zusätzlich ist aufgeführt, wie kleine Beschädigungen (Steinschlag, Flugrost usw.) der Gleitfläche am Standrohr behoben werden können, so daß die Simmerringe nicht mehr daran kaputt scheuern. Als Beispiel dient die Gabel einer ZXR 750 J.
Wenn ihr absolut unerfahren im Schrauben seid, solltet ihr euch jemanden dazunehmen, der schon etwas Praxis hat. Ansonsten sollte der Eingriff kein Problem darstellen, da gibt´s wirklich kompliziertere Dinge, keine Angst :wink:

Vorweg, neben einem guten Werkzeugbestand braucht ihr folgende Dinge:

- mindestens 1 l Gabelöl SAE 5W (die Hausmarken der üblichen Drei sind völlig ausreichend)
- Gabeldichtringe (nur wenn nötig; auch hier reichen die Billigheimer von Polo und Co. aus und kosten zusammen etwa 7,95 €)
- Polierset aus dem Baumarkt für die Bohrmaschine (Nur bei Gleitflächenreparatur)
- Heckmontageständer
- Ölauffanggefäß und einige Putzlappen
- Absauggerät (Unterdruckbalg, Spritze mit Schlauch o.ä.)
- Schraubstock und Werkbank
- Spezialwerkzeug zum Lösen/ Befestigen der Dämpfereinheit. Dieses ist schnell hergestellt. Besorgt euch aus dem Baumakt ein Eisenrohr mit nicht weniger als 13 mm Innendurchmesser ( gibt’s als Meterware) und eine M 16 Mutter, da diese einen 24er Außensechskant hat. Laßt euch bei A.T.U. oder sonstwo die Mutter auf das Rohr punkten, bohrt oben durch das Rohr ein Loch zum späteren Gegenhalten mit dem Schraubendreher und fertig. Gesamtkosten 2,50 €








1. Gabel ausbauen

Am besten das Möppi hinten stabil auf einen Prismenständer packen. Nun werden alle Schrauben wie Bremssattelbefestigung und Vorderradachse zumindest gelöst. Anschließend kann das Motorrad mit einen Scherenwagenheber unter dem Krümmer hochgekurbelt werden. Mann kann das Motorrad auch an der Werkstattdecke hochziehen oder einen professionellen Lenkkopfständer benutzen.
Jetzt können die Anbauteile wie Bremssättel, Vorderrad und Kotflügel abgebaut werden.

Jetzt die Gabelklemmung an den markierten Punkten lösen und die einzelnen Holme einfach nach unten hin herausziehen.







2. Gabel öffnen

Spannt den Gabelholm fest in den Schraubstock ein. Um Beschädigungen am Außenrohr zu verhindern, kann man eine leere Konservendose aus Muttis Hausmüll nehmen und die Gabel darin einspannen.

.... zu Punkt 2 hätt ich noch nen kleinen Tip ...
die obere Verschlussschraube auch im eingebauten Zustand öffnen ... Das spart die Aktion mit dem Schraubstock....



Nun mit einem 27er Maulschlüssel den oberen Gabelstopfen lösen und herausdrehen. Keine Angst, es springt einem nichts entgegen.



Wahlweise kann der Gabelstopfen auch eingebaut in der Gabelbrücke gelöst werden. Das ist allerdings etwas fummelig bezüglich des Schraubenschlüsselansetzens. Und man muss aufpassen, daß einem der Maulschlüssel nicht abrutscht und herunterfällt. So ein 27er hinterläßt i.d.R. häßliche Macken im Tank.

Nun die offene Gabel über einen Auffangbehälter umdrehen und das Öl ausgießen. Bis wirklich das meiste herausgelaufen ist, dauert es aber eine Weile. Man kann alternativ auch jetzt schon den Gabelstopfen von der Kolbenstange lösen und die Feder entfernen, denn dies müsst ihr später so oder so.
Dazu die Feder herunterdrücken und einen 14er Maul auf die unter dem Gabelstopfen sichtbar werdende Mutter setzten (Kontermutter des Gabelstopfens). Anschließend einen 17er Maulschlüssel an der Stellschraube für die Federvorspannung ansetzten und den Gabelstopfen abdrehen und diesen sowie das darunter liegende Distanzstück wegnehmen. Sichtbar gewordene Stange für die Zugstufeneinstellung herausziehen.
Jetzt könnt ihr die Feder einfach nach oben abziehen. Wenn ihr das Federentfernen jetzt schon macht, hat dies den Vorteil, daß man die Kolbenstange anfassen und damit das Öl durch Hin- und Herbewegen herauspumpen kann (auf dem Bild ist die Feder und der Gabelstopfen allerdings noch montiert)



Wenn es nur um den Ölwechsel geht, kann an dieser Stelle nun neues aufgefüllt werden. Da es sich aber auch um Simmerringwechsel handelt, siehe Ölauffüllen weiter unten.




3. Gabel zerlegen

Nun die Dämpfereinheit ausbauen. Dazu mit einem 10er Innensechskant die Schraube im Gabelfuss lösen (Achtung, darunter befindet sich ein Kupferdichtring; nicht verlieren). In den meisten Fällen braucht man hier noch nicht mit dem Spezialwerkzeug die Dämpfereinheit gegenzuhalten.

Anmerkung: Das Herausnehmen der Dämpfereinheit ist für das simple Wechseln von Öl und Dichtringen nicht notwendig. Es bietet sich allerdings an, die Dämpfereinheit anständig zu reinigen, da sich im Laufe der Jahre ziemlich viel Staubschlamm angesammelt hat.



Dämpfereinheit aus der Gabel nehmen. Anschließend den Sicherungsring über dem Gabeldichtring mit einem kleinen Schraubendreher aus seiner Nut drücken, nach oben wegziehen und entfernen.



Nun Innenrohr und Außenrohr fest in beide Hände nehmen und mehrmals kräftig auseinanderziehen, bis die Teile getrennt sind. Alle Teile kommen mit heraus und befinden sich dann auf dem Innenrohr. Obere Gleitbuchse mit einem Schraubendreher spreizen und abziehen. Die restlichen Teile ebenfalls abstreifen.





4. Gleitflächenreparatur

Nehmt mindestens 320er Schmirgelpapier und taucht dies in Öl (auch Gabelöl). Anschließend die schadhaften Stellen mit kreisenden Bewegungen schleifen, bis die groben Macken nicht mehr zu spüren sind.
Jetzt mit Vorpolierscheibe und Vorpolierpaste die Stellen nacharbeiten. Dann mit Feinpolierscheibe und Feinpolierpaste die Macken blitz-blank wienern. Ihr werdet sehen, das Standrohr ist anschießend wieder glatt wie nie.
Obacht: Die Prozedur hat nur Wirkung bei kleinen Steinschlägen. Dellen und Chromausbrüche sind so nicht zu beheben. Da braucht es ein neues Rohr, hilft nix.






5. Montage der Gabel


Die Teile wie auf dem Bild zu sehen auf das Standrohr schieben. Von oben zum Gabelfuss hin heißt dies:

-obere Führungsbuchse (in die Nut einschnappen lassen)
-untere Führungsbuchse
-Unterlegscheibe ( gewölbte Ringinnenkante nach oben )
-neuer Dichtring ( Dichtlippe zum Gabelfuss zeigen lassen )
-Staubkappe (braucht i.d.R. nicht erneuert zu werden)


„Siehe Anordnung der Teile unter Punkt 3“


Nun das Standrohr in das Außenrohr einfügen. Die untere Führungsbuchse muss nun in das Außenrohr eingetrieben werden. Dies kann man vorsichtig mit einem weichen Dorn (alter Nagel, Kupferstab pp.) und Hammer geschehen oder ihr benutzt einen Eintreiber. Diese sind für etwa 20,- € bei Louis und Co. erhältlich. Vorliegend wird ein Dorn verwendet.



Wenn die Buchse bis zum Anschlag drin ist, wird der Dichtring eingedrückt (zuvor mit etwas Öl einreiben). Dazu kann man den alten Ring durchklipsen und als Schutz über den neuen legen, dann mit einem Kunststoffhammer vorsichtig rundherum den Ring eintreiben, alten Ring wieder entfernen. Der Dichtring muss bis zum Anschlag eingetrieben werden. Direkt dadrüber muss die Nut sichtbar sein, in welche der Sicherungsring eingeklippt wird. Ist die Nut nicht sichtbar, wurde der Dichtring nicht weit genug getrieben. Sicherungsring in die Nut setzen und Staubkappe auf das Außenrohr drücken.





Nun die Dämpfereinheit in die Gabel einführen und von unten am Gabelfuss verschrauben. Die Dämpfereinheit verfügt über einen 24er Innensechskant. Um beim Verschrauben gegenhalten zu können, muss das Spezialwerkzeug soweit auf die Kolbenstange gesteckt werden, bis der 24er Sechskant unten in die Dämpfereinheit greift. Nun gegenhalten und die Schraube am Gabelfuss gut festziehen, Werkzeug wieder wegnehmen (zuvor natürlich die 14er Mutter von der Kolbenstange entfernen und nach dem Einsatz des Spezialwerkzeuges wieder draufschrauben).



6. Befüllen mit Gabelöl


Die Gabel und die Kolbenstange der Dämpfereinheit bis zum Anschlag zusammenstauchen. Stange für Zugstufeneinstellung einführen.
Jetzt wird soviel Öl eingefüllt, bis es am oberen Rand des Innenrohres steht und und die beiden Löcher oben im Standrohr unterhalb des Ölpegels liegen. Dann mit den Fingern langsam die Kolbenstange auf und ab bewegen (etwa 5 mal). Ihr werdet merken, wie die Kolbenstange bis zu einem gewissen Punkt immer schwergängiger wird und Luftblasen aufsteigen. Der Ölpegel sinkt dabei, so daß er dann wieder bis zur Oberkannte des Innenrohrs aufgefüllt werden muss. Oben angeführte Prozedur mehrmal wiederholen und auch das Außenrohr mehrmals auf und ab schieben (Achtung: niemals die Gabel komplett ausfedern, da sonst das Öl aus dem Zwischenraum wieder zurückläuft).

Die ganze Geschichte ein paar Minuten aufrecht stehen lassen, so daß Luftblasen nach oben wandern können. Sollte sich der Ölpegel abermals gesenkt haben, ist er wieder aufzufüllen.
Da wir jetzt aber vielzuviel Öl in der Gabel haben, muss ein Teil wieder entfernt werden. Dazu brauchen wir das Absauggerät und ein Lineal, Zollstock usw.
Und zwar wird der Flüssigkeitsstand soweit abgesaugt, bis er sich 115 mm (+/- 2) unter der oberen Innenrohrkante befindet (Achtung: Werte differieren von Modell zu Modell; obriger gilt nur für J und dient als Beispiel !!). Dies ist mit Hilfe des Lineals festzustellen. Wenn der Ölstand stimmt und keine Blasen mehr auftauchen, kann die Gabel verschlossen werden.




7. Verschließen der Gabel

Kolbenstange nach oben ziehen und die Gabelfeder (dünnes Ende nach oben) einführen. Aber vorsicht, die Kolbenstange senkt sich nach dem Loslassen langsam wieder ab (und loslassen müsst ihr, sonst könnt ihr keine Feder aufstecken). Wenn ihr nicht schnell genug seid, verschwindet sie in der Feder und ihr müsst die Feder wieder entnehmen, die Kolbenstange hochziehen und das ganze von vorne. Daher empfiehlt es sich, eine Stange mit Innengewinde auf die Kolbenstange zu schrauben, damit ihr sie besser oben halten könnt. Da es bei mir auch ohne ging, kann ich dazu leider kein Bild einstellen, sorry.

Jetzt das Distanzstück aufstecken und zusammen mit der Feder hinterdrücken, damit das obere Gewinde an der Kolbenstange für den Gabelstopfen frei liegt. Wenn ihr niemanden zur Hand habt, der euch die Feder herunterdrückt, dann kann man auch einen Niederhalter verwenden. Dazu aus einem Stück Sperrholz oder dünnes Blech eine Nut aussägen und zwischen Distanzstück und 14er Mutter am oberen Kolbenstangenende schieben (Prinzip siehe oberes Werkstatthandbuch-Bild unter Punkt 2.). Mit etwas Geschick klappts aber auch ohne den Niederhalter.

Gabelstopfen draufschrauben und festziehen wie gelöst. Anschließend den Gabelstopfen ins Außenrohr schrauben und festziehen.

Zum Schluss noch die Gabel mit Hilfe des Körpergewichtes ein und ausfedern. Wenn dies geschmeidig und dennoch schwergängig funktioniert, hab ihr alles richtig gemacht.
Gabelholm wie Ausbau wieder einsetzen.
Sollte euch einiges in der Anleitung verwirren, keine Angst. Vieles erklärt sich während des Schraubens von selbst und ist wesentlich einfacher, als es sich zunächst anhört.

Und nun viel Spaß beim Schrauben

EDIT:
ergaenzung dr. bruno

- polli und ich haben letzte woche nochmal meine gabel überarbeitet.
- da es ja immer ein gefummel ist, die feder rein zu kriegen ohne das
die kolbenstange wieder ins öl abtaucht, hatte polli ne idee wie es
einfacher geht.
das geile ist, das man nix bauen muss.

- als hilfmittel hat einfach ein stück spritschleuch gedient.
den auf die kolbenstange gesetzt und die feder drüber geschoben macht
das einsetzen zum kinderspiel.

der text als ergaenzung zu boernis howto und auch einfoto



Neue Bilder:

1.
Bild

Den zuvor im eingebauten Zustand gelösten Gabelstopfen nun heraus drehen und das Tauchrohr nach unten gleiten lassen. Anschließend schaut es dann so aus

Bild


2.
Bild

Anschließend Feder nach unten ziehen, den 14er Maul auf die Kontermutter setzen und oben mit dem 17er den Gabelstopfen lösen, dann den Stopfen von der Kolbenstange drehen.


3.
Bild

Das Gabelöl ausgießen und austropfen lassen


4.
Bild


Unter der Staubkappe ist ein Sprengring angebracht. Den UNBEDINGT mit einem Schraubendreher herausnehmen, anschließend Tauch- und Standrohr mit einem Ruck auseinanderziehen und voneinander trennen. Danach sollte es so aussehen:
Bild




5.
Bild

Vor dem Überstreifen des neuen Simmerringes bietet es sich an, die scharfkantige Nut, welche oben am Standrohr den oberen Gleitring hält, mit Frischhaltefolie abzudecken. So fluscht der Ring sauber über die Nut und die empfindlichen Dichtlippen werden von der scharfen Kante nicht beschädigt.




6.

Bild


Nun alle neuen Teile wieder auf das Standrohr in richtiger Reihenfolge aufschieben. Vor der Montage sind die Teile wie folgt anzuordnen (von links nach rechts):

a) Obere Gleitbuchse
b) untere Gleitbuchse
c) Metallring
d) Simmering
e) Sprengring
f) Staubkappe

PS: Ich habe dieses Mal komplett neue Gleitbuchsen eingesetzt und dazu Bel Ray 5W Gabelöl verwendet. Für eine alte ZXR Gabel spricht sie jetzt spürbar besser als zuvor an.


7.
Bild

Um für die Montage die Kolbenstange oben zu halten, bietet es sich an, ein Stück Schlauch auf das Gewinde der Kolbenstange zu drehen und hochzuziehen.
Zuletzt geändert von Börni am 14 Jun 2007 21:11, insgesamt 1-mal geändert.

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